4.9.2024: Lange Anreise, geruhsames Ankommen und Kennenlernen
Ein langer Tag: Aufstehen um 2:45 Uhr, Abflug um 6:15 Uhr in Düsseldorf … Ankunft im Ferienhaus um 15 Uhr. Schreck am Gepäckband: Der Apple AirTag sagt, dass der Koffer in Hamburg ist 😱 … Gottseidank, ein Fehlalarm, dicker Bock von Apple.Wir sind 4 Teilnehmer: die beiden Astrofotografen Norbert und Werner, mein Kollege Rolf und ich als „nur“ Landschaftsfotografen. Plus Mehmet und Bernd, unsere Tutoren. Es steht also 4:2 für Deep Sky … was sich noch auswirken wird 🤣.
Nach der langen Anreise ist heute ein ruhiger Tag: Ausbaumeln und Mittagsschlaf, gegen 6 Uhr fahren wir nach Puerto de Tazacorte, Abendessen in der Taberna del Puerto, leckerer Fisch.
Bei einem Glas Wein werden wir schon einmal informiert, wie ein normaler Deep-Sky-Tag abläuft:
– Frühstück gegen 11 Uhr, im Ferienhaus der Tutoren.
– Ausruhen, am Nachmittag ein Ausflug, frühes Abendessen in einem landestypischen Restaurant.
– Gegen 20 Uhr geht es „hoch zum Roque“, pünktlich zum Beginn der Dunkelheit.
– Die Nacht wird durchgemacht, bis gegen 3, 4 Uhr.
5.9.2024: Roque des los Muchachos
Frühstück um 8 in Mehmets und Bernds Haus (gestern war ja keine Nachtschicht), dann geht es hoch zum „Roque“ (de los Muchachos, dem höchsten Punkt des einstigen Vulkans im Norden). Wir besichtigen das Observatorium:
- MAGIC, die Gammastrahlen-Teleskope: Seit 2016 werden in Chile und hier in La Palma bis 2028 insgesamt 60 Teleskope gebaut, mit denen Wissenschaftler (u.a.) versuchen, das Zentrum der Milchstraße zu vermessen.
- GTC (Grand Telescopio de Canarias), mit einem Spiegeldurchmesser von 10,4 m das (derzeit noch) größte Spiegelteleskop der Welt. Rolf und ich fragten beide „Wo ist der Spiegel?“ … wir wollten niemanden veräppeln … der Spiegel ist so sauber, dass wir die Spiegelung für den Bereich hinter dem Spiegel halten 😂.
- Anschließend geht es ganz nach oben zum Roque de los Muchachos, mit 2426 m die höchste Erhebung des Kraterrands des einst noch ca. 1000 m höheren Vulkans Taburiente.
Tolle Aussicht, Michael ist der Kolkraben-Flüsterer 😍. - Zeit für das Museum haben wir leider nicht.
Für 1 Stunde Mittagsschlaf fahren wir ins Ferienhaus zurück, dann zum Abendessen nach Las Tricias, zu Camu Camu Garafía, ein kleines, gemütliches Bistro, mit sehr leckeren vegetarischen Burgern.
Dann geht es zur ersten Astro-Sitzung wieder hoch zum Roque: In der blauen Stunde machen wir fleißig Vordergrundfotos (mir erschließt sich erst später, auf was zu achten ist), dann bauen wir unsere Stative am Besucherzentrum auf und es gibt erste Milchstraßenbilder. Oder – um es präzise zu sagen: Wir nehmen die „Frames“ auf, aus denen später per Software die Milchstraßenbilder entstehen. Technische Details siehe beim Menüpunkt Astrofotografie.
Zwischendurch ein kleiner Abstecher zum Aussichtspunkt Mirador de los Andenes. Der Blick über die riesige Caldera ist fast kitschig schön: weiße Wolken, angestrahlt von unten durch die Lichter der Hauptstadt Santa Cruz de la Palma, darüber die Milchstraße. Für uns Landschaftsfotografen ein tolles Motiv, für die Astrofotografen ist es … Lichtverschmutzung 😄.
Gegen halb 2 sind wir zurück … uns Einsteiger will Mehmet am ersten Tag wohl nicht verschrecken.
6.9.2024: Bootstour, Llano de los Animas („Wassertank“)
Spätes Frühstück, Bilder bearbeiten, um halb 3 geht’s nach Tazacorte zur Bootstour. 2,5 Stunden fahren wir an der Westküste entlang:- Zuerst etwas nach Süden, wo beim Ausbruch von 2021 die Lava des Cumbre de Veija ins Meer floss.
- Wir fahren in 2 Lavahöhlen, besichtigen die Klippenhäuser
- und dann geht es aufs offene Meer, um Delfine oder gar Wale zu sehen.
Das klappt nicht, aber dafür finden wir Sepia-Sturmtaucher, die südlichen Verwandten des Northern Fulmar, den Karin und ich an Englands Ostküste entdeckt hatten. Sie leben ebenfalls fast nur auf dem Meer, außer zum Brüten. Mir gelingen schöne Fotos 🙂.
Frühes, leckeres Abendessen in der Pizzeria II Tramonto am Hafen, 1,5 Stunden Ausruhen, dann geht es hoch zum Wassertank am Llano de los Animas.
Die Astrofotografie-Session wird vorbereitet … d.h. das ganze Foto-Geraffel auspacken, aufbauen, justieren, dann einige Testaufnahmen und die vorprogrammierten Automatiken werden gestartet. Für den Rest der Nacht heißt es dann für die Astro-Jungs … warten, reden, schlafen, warten … ☺️.
Rolf und ich wollen mehr Action, und kraxeln 250 Höhenmeter hoch zum Krater, zum Roque Palmero. Uns gelingen schöne Milchstraßenbilder. Aber irgendwie ist die Milchstraße überall auf der Welt gleich, nur halt der Vordergrund variiert. Da haben die anderen mit ihren Teleskopen schon deutlich mehr Auswahl: Nebel, Galaxien …
Gegen Mitternacht sind wir zurück bei den anderen, ich gehe ins Auto zum Schlafen … als Rolf ins Auto kommt und mir den Andromeda-Nebel aufgenommen zeigt, mit seiner X-T5 und XF 50-140/2.8 … da gehe ich auch noch mal raus, und versuche es mit meiner dafür eigentlich komplett ungeeigneten Kombi GFX und GF 100-200 f/5.6.
Klappt erstaunlich gut – und es ist faszinierend: Die Andromeda-Galaxie (im Messier Katalog mit der Bezeichnung M31, bei Wikipedia ausführlicher Lesestoff) ist 2,5 Mio. Lichtjahre von uns entfernt, ca. zweimal so groß wie unsere Milchstraße, das am weitesten entfernte Objekt, das wir mit bloßem Auge erkennen können (bei wenig Lichtverschmutzung).
„2,5 Millionen Lichtjahre“ … Wahnsinn, alles was wir sehen, ist vor 2,5 Mio. Jahre passiert.
Die anderen erbarmen sich, und schon kurz nach 1 fahren wir alle gemeinsam zurück.
7.9.2024: Aussichtspunkte an der Küstenstraße LP-1, Auszeit ;-)
Frühstück um 10, Bilder sortieren und bearbeiten bis 15 Uhr, dann fahren wir die LP-1 nach Norden:- Mirador Barranco de Garome
- Mirador Astronómico Roberto Rodríguez
- Mirador Montaña Buracas, mit Windmühle und Museum
- Markt in Puntagorda, mit schöner Aussicht auf den Barranco de Izcagua
Abendessen im Restaurante Parrillada Pino de La Virgen, in El Pino, ganz okay.
Rolf und ich sind k.o. – als Landschaftsfotograf ist man zwei Tage Nachtschicht halt nicht gewöhnt 😄.
Wir nehmen einen der Wagen und fahren schon gegen 7 Uhr zurück, mit Zwischenstop zum Sonnenuntergang am Mirador Barranco de Garome. Abends bearbeiten wir noch ein paar Bilder.
Die anderen vier fahren noch einmal hoch zum Wassertank … und bleiben bis 4 Uhr morgens 😱.
8.9.2024: Bildbearbeitung, Llano de los Animas („Wassertank“)
Der übliche Rhythmus: 10 Uhr Frühstück, bis 15 Uhr Bildbearbeitung und Ausruhen, dann geht’s los.
Zum 3. Mal geht’s zum Wassertank, weil es dort für Astrofotografen nahezu ideal ist: stockdunkel, klare Luft bei 2000 m Höhe, keine anderen Menschen (mit so bösen Dingen wie Taschenlampen oder Autoscheinwerfern) und – auch sehr wichtig – Asphalt als Untergrund.
Denn wenn die Stative bei Astrofotos auch nur einen Millimeterbruchteil einsinken, dann verrutschen in den Weiten des Weltalls die Galaxien 😳.
Unser Landschaftsfotografen-Sonderwunsch heute: Bilder im Hellen, also goldene Stunde und Sonnenuntergang, d.h. schon gegen 7 Uhr am Ziel sein.
Einige Überzeugungsarbeit für eine so frühe Ankunft ist erforderlich, denn die anderen sind komplett auf Nachtaufnahmen gepolt: „Was sollen wir so früh da oben, da ist es doch noch viel zu hell.“
Mit Mühe schaffen wir es, um 18 Uhr los zu fahren … dass man für Sunset-Fotos eine gute Stunde vor Sonnenuntergang da sein muss, ist Astrofotografen unbekannt 😊.
Schöner Sonnenuntergang auf 1900 m Höhe, traumhaft über den Wolken, tolle Lichtstimmung.
Dann unser Topshot kurz nach Sonnenuntergang: Milchstraße und Monduntergang, gleichzeitig im Bild 🙂👍.
In der Dämmerung war der Mond noch nicht untergegangen, also „viel zu hell“ für Astrofotos, „hat gar keinen Zweck, jetzt schon zu fotografieren“. Aber Rolf probiert es, sieht gut aus. Ich schieße sogar einige Dutzend Frames fürs Stacking – und zur Überraschung aller verkraftet die Stacking-Software auch die unterschiedliche Objektgeschwindigkeit und -richtung von Milchstraße und Mond.
Rolf und ich fahren gegen Mitternacht zurück.
9.9.2024: Rundfahrt Roque und Santa Cruz de la Palma
Frühstück erst um 11 … die anderen hatten wieder bis 4 Uhr Nachtschicht. 😱
Um 14 Uhr fahren wir via Roque de los Muchachos und nur 2 Aussichtspunkten (die sind echt keine Landschaftsfotografen ;-) nach Santa Cruz de la Palma.
Ich weine zwischendurch, denn beim Mirador de los Andenes nehme ich nur die GFX mit Weitwinkel aus dem Wagen, nicht das „Rohr“ mit 600 mm Brennweite … und prompt schweben 2 Alpenkrähen (die mit den roten Füßen und Schnabel) und 2 Turmfalken vorbei, ganz nah, auf Augenhöhe. Ich hole schnell die Vogelkamera … aber kein Vogel kommt mehr.
Okay, stimmt nicht ganz: 2 Kolkraben lassen sich anlocken und fressen mir aus der Hand. Magisch, diese Nähe, wie der Vogel mich anschaut, mit einer Mischung aus Vorsicht und Zutrauen.
Santa Cruz ist nett, ich finde die Stadt aber nicht besonders schön, auch nicht fotogen. Wir bummeln 2 Stunden und essen leckere Pizza an der Strandpromenade (Made in Italy).
Gegen 22 Uhr sind wir wieder in der Unterkunft, noch Bilder einlesen und sortieren … morgen ist der letzte Tag.
10.9.2024: Vulkanfelder von 2021, „Wasserfall“, Centro de Visitantes
Ein ruhiger Tag heute.
- Der Vulkanausbruch des Cumbre Vieja hat 2021 ca. 1600 Häuser zerstört. Man sieht Hausreste im Lavastrom, und Häuser, die auf der Gartenseite 5 m in der Lava stecken, auf der Straßenseite frei zugänglich sind … und noch bewohnt werden.
- Licht, Wind und Wolken spielen mit … der Wolkenwasserfall über der Cumbre Nueva sieht toll aus.
- Das Besucherzentrum ist klasse. Am schönsten finde ich das große Reliefmodell der Insel.
Frühes Abendessen in der Dorfbar von La Punta, es gibt genau zwei Gerichte: Pollo oder Pescado, mit Kartoffeln und Salat. Einfach und sehr lecker. 👍🙂
Den Abend lassen wir auf unserer Terrasse ausklingen, die Wein- und Bierreserven müssen weg 😊.
11.9.2024: Rückflug
Ein Werbe-Doofpaddel ruft um 4:44 Uhr auf dem Handy an, verschlafen stehe ich auf, waschen, Koffer packen, Rolf wecken … der mir dann sagt, dass es 5:25 Uhr, nicht 7:25 ist 😂.
Gottseidank kann ich wieder einschlafen (Rolf auch ;-) und stehe um 7 Uhr wieder auf. Ohne Hektik ist noch Zeit für einen Kaffee und Joghurt.
Um 7:30 Uhr geht’s zum Flughafen, Rolf fliegt um 10:45 Uhr schon nach Düsseldorf, wir anderen fünf um 12:10 Uhr nach Frankfurt.
Ruhiger Flug. Pünktliche Landung um 18:30 Uhr … den durchgehenden Zug nach Aachen um 19:08 Uhr bekomme ich dann wohl nicht.
Mein Koffer kommt um 19:01 Uhr … ich will es probieren … kleiner Gepäcklauf … 19:08 Uhr am Gleis 6 … 19:09 Abfahrt. Wohl ein neuer Rekord, um quer durch den Frankfurter Flughafen zum Fernbahnhof zu kommen 👍.
Fazit:
- Toller Workshop, nette Leute
- Gute Mischung aus spät frühstücken, Siesta, Nachmittagsprogramm und Abend-/Nachtschicht
- Mehmet vertraut mir einen der 2 Mietwagen an, so dass Rolf+ich schon früher als die „Astrozombies“ zum Schlafen zurückfahren können.
- Milchstraße habe ich jetzt gelernt, gelingt mit GFX und dem GF 20-35 perfekt: 30-50 Aufnahmen mit ca. 10 sec, f/4, ISO 3200, und dann stacken.
- Auch Andromeda klappt (3-6 sec, ISO 12800, mit dem GF 100-200).
Ärgerlich, dass ich das XF 200/2 nicht mitgenommen habe … damit wären wohl auch ohne Nachführung ein paar Nebel ganz gut gegangen.
—> Kommt auf die Packliste für den La Palma Urlaub mit Karin 😊😍🥰 - Mehmet ist ein super netter, ruhiger und äußerst geduldiger Workshop-Leiter. Fokus und Knowhow liegen natürlich bei Astrofotografie.
Sonnenuntergang, Lichtstimmungen oder dramatische Bergszenen … fallen ihm genauso gut auf wie mir auffällt, ob Karin beim Friseur war 😂. - Am Ende habe ich ca. 10 „Burner“, mehr als auf den anderen Workshops.