Astrofotografie ist ein Universum …
… mit vielen Spezialdisziplinen: Sonne, Planeten, Milchstraße, Star Trails, Nordlichter, Deep Sky, Kometen, Satelliten … mit jeweils unterschiedlichem Equipment, Aufnahmetechniken, Anforderungen an die Umgebung, und Nachbearbeitung.
Deep Sky-Astrofotografie fasziniert mich am meisten: Galaxien, Nebel, Sternhaufen. Man braucht lange Aufnahmezeiten (Stunden!) und macht das mit vielen Einzelaufnahmen. Techniken wie Stacking, Dithering, separate Aufnahmen je Farbkanal, Light/Dark/Calibration Frames usw. werden eingesetzt. Plus jede Menge Spezialequipment: motorische Nachführung, gekühlte Hauptkamera, Nachführkamera, separate Aufnahme- und Nachführteleskope, Filter, Steuerungscomputer.
Auf der nach oben offenen Astro-Skala geht es von der Basisausstattung (gute Landschaftskamera und lichtstarkes Objektiv plus einfacher Tracker) über die Top-10-Upgrades (nur so 9.000 € ;-) und der eigenen Sternwarte im Garten (Mehmet hat seine Traum realisiert) bis zur Profi-Sternwarte (für den Preis von $750.000 ist dann die Lieferung inklusive 😂).
Man verbringt Monate im Internet, hier mal ein Link, was man so alles lernen kann. Nach einigen Jahren des Anschaffen und Lernen gelingen dann Bilder wie diese auf astrobin oder der 7000 Lichtjahre entfernte Fly Nebula.
Wo man auf der Nord- bzw. Südhalbkugel fotografiert, ist übrigens egal – die Sterne sind überall gleich (darum heißt es ja Fix!sterne), die Rechnersteuerung fährt den jeweiligen Himmelspunkt exakt und automatisch an, Hauptsache es ist dunkel und klare Luft. Für ein fertiges Bild sammeln manche von vielen verschiedenen Orten bis zu 100 und mehr Stunden Belichtungszeit, das sind bei 1-5 min pro Einzelbild einige 1000 Frames. Wenn man bedenkt, dass man in Deutschland pro Jahr (!) vielleicht 5 Nächte mit klarem Himmel hat, dass man in La Palma, Namibia oder Chile in einer Woche im Idealfall ca. 30 Stunden aufnehmen kann, dann versteht man, dass man für ein Bild Monate bis Jahre braucht.
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– Nachteile: nur Blende f/4, keine automatische Nachführung
– Vorteile: das niedrige Rauschen und die hohe Auflösung der GFX
– Siehe mein Beitrag im dpreview-Forum
Vor diesem Workshop habe ich die Milchstraße immer als Einzelbild aufgenommen, mit 10-15 sec Belichtungszeit, Offenblende, ISO 1600-3200, dann in Lightroom nachbearbeitet.
Gelernt habe ich jetzt, mehrere Frames aufzunehmen und diese nachher zu stacken. Siehe die gute Erklärung hier. Ich nutze auf dem Mac Starry Landscape Stacker.
Links ein Vergleich von (bearbeitetem) Einzelbild und Stacking aus 40 Einzelbildern.
Die generelle Vorgehensweise ist:
– wie üblich: guter Standort, stabiles Stativ, Motiv/Vordergrund finden
– dann ca. 20-50 RAW-Bilder aufnehmen, die sogenannten Frames
– und in der Nachbearbeitung: RAW aufhellen – Entrauschen – TIFF – Stacking – Nachbearbeiten – ggfs. Vordergrund einbauen.
- Puristen … nehmen Milchstraße und Vordergrund vom gleichen Stativ-Standort, zur gleichen Zeit auf.
–> Exakt so, wie es vor Ort zu dieser Zeit ist. - Realos … wählen einen Vordergrund, in dem die Milchstraße hinwandern wird.
–> Es war zwar nicht exakt so, aber es gibt eine Zeit/Uhrzeit, wo Vordergrund und Milchstraße so aussehen. - Kreative … suchen einen schönen Vordergrund und montieren die Milchstraße hinein.
Wenn man in der blauen Stunde aufnimmt, hat man ideale Belichtungszeiten, und Weißabgleich und Kontraste stimmen schon gut. Mühsam, aber möglich ist es, dies nachträglich per Bildbearbeitung anzupassen. Den Bildaufbau plant man so, dass die Milchstraße harmonisch hineinpasst.
Man braucht viel Licht:
… und wenig Rauschen, optimale Schärfe.
Das bedeutet eigentlich lange Belichtungszeit, niedrige ISO und Abblenden.
Aber … ohne Nachführung werden bei langen Belichtungszeiten die Sterne zu … Strichen 😳.
Die Faustformel „500 sec / Vollformat-Brennweite“ ist für die heutigen hochauflösenden Sensoren leider zu ungenau. Danach könnte ich mit der GFX 100S und bei 20 mm Brennweite 31 sec aufnehmen … aber die Sterne sind Striche.
Besser ist die NPF-Formel, die auch Blende, Sensorgröße und -auflösung berücksichtigt. Die damit errechneten 13 sec sind richtig.
Belichtung:
Also 13 sec … d.h. ISO so hoch es verkraftbar ist (mit der GFX geht 3.200-4.000) und (nahezu) Offenblende. Und trotzdem sind die Bilder noch 2-3 Blendenstufen unterbelichtet, d.h. defakto sind es Aufnahmen mit ISO 12.800-16.000 😱. Es rauscht also kräftig 😢.
Lösung: Stacking
Viele Bilder werden per Software gemittelt, wodurch das Rauschen raus gerechnet werden kann und die Nutzinformationen (=Sterne) schärfer werden.
- Für die Milchstraße reichen 20-40 sogenannte Light-Frames („Licht“, also man sieht die Sterne).
- Und zum noch besseren Entrauschen macht man direkt anschließend 5-10 Dark-Frames („Dunkelbilder“) mit aufgesetztem Objektivdeckel.
- Beide mit den exakt gleichen Parametern, bei mir also bei 20 mm Brennweite: 13 sec, ISO 3.200-4.000, Blende 4 oder 4.5.
Nach 10-15 min ist man mit einer Serie fertig … in der Zeit hat die Erde sich schon sichtbar gedreht, die Milchstraße ist gewandert. Das regelt dann die Magie der Stacking-Software: der Himmel wird pixelgenau übereinander gelegt.
Ein letztes Problem: Wie fokussiert man im Dunklen auf Unendlich?
In die böse Falle, dass die ∞-Markierung am Objektiv je nach Temperatur nicht unendlich ist, bin ich schon bei der Landschaftsfotografie gestolpert. Gottseidank sind die Fuji-Objektive sehr gutmütig: Man dreht den Schärfering auf unendlich und dann langsam wieder so lange zurück, bis der Tiefenschärfe-Balken im Display möglichst groß wird, aber gerade noch an die Unendlich-Markierung stößt. Trotzdem sollte man ein paar Probeaufnahmen machen und nachprüfen.
Ich habe einzeln getestet und weiche für die GFX 100S doch etwas ab. Da wird jede Kamera/Objektiv aber wohl anders sein … also bitte selbst testen.
- Lightroom als RAW-Konverter
- Die Regler für Schärfe und Entrauschen zwingend auf 0 setzen
- Chromatische Aberration entfernen
- Objektivkorrektur aktivieren: Deutliche bessere Resultate, weil es keine Verzerrung/Wölbung zwischen den Frames gibt und die Vignetting korrigiert ist. SLS rät dringend ab, weil Lightroom Artefakte erzeugt –> Das ist bei Lightroom 14 nicht – mehr (?) – der Fall.
- Aufhellen (2-3 Blenden) und etwas Kontrast hilft beim Beurteilen, schadet nicht beim Stacking.
- Ein Bild fertig bearbeiten, dann auf alle Bilder (auch die Dark Frames) die Bearbeitung kopieren.
- Der größte Qualitätssprung kommt mit LR Denoise AI (Stufe 50): kein „Star Eating“, man erhält eine sauberere Ausgangsbasis für’s Stacking.
- Schließlich noch als 16 bit TIFF exportieren.
Rechenzeit für 40 Bilder Denoise und TIFF-Export auf meinem MacBook Pro M3max 64GB: ca. 35 min.
- Bilder laden und berechnen lassen. Dauert für z.B. 40 Bilder der GFX 100S ca. 35 min.
Jedes 100 Megapixel TIFF ist ca. 450 MB groß … die 64 GB RAM meines MacBooks reichen so gerade. - SLS markiert die Sterne automatisch als Red Dots:
Sie sollten gleichmäßig über den Himmel verteilt sein –> ggfs. weitere Sterne markieren
Es sollten keine im Vordergrund markiert sein –> ggfs. entfernen - Auch der Himmel wird automatisch maskiert, meistens sind kleinere Nacharbeiten erforderlich.
- Align & composite geht dann recht schnell, ca. 1 min für die 100 Megapixel-Frames.
- Zum Schluss … speichern nicht vergessen
Meine Schritte in Lightroom sind, nach viel ausprobieren und auf meine Kamera und Aufnahmeparameter abgestimmt:
- Weißabgleich und Grundhelligkeit versuche ich möglichst natürlich hinzukriegen. Manchmal entstehen durch Stacken oder Denoise Farbfehler, die man vor der weiteren Bearbeitung korrigieren sollte.
Ich mag den Himmel eher tiefblau, schwarz wäre unnatürlich, so sieht er nie aus. - Den Helligkeitsverlauf passe ich an die Aufnahme an. Wenn also von rechts noch Abendrot hinein schimmert, dann ist der Himmel rechts auch heller. Entsprechend wenn von unten Lichter der Stadt scheinen.
- Dunst entfernen / Dehaze in Maßen arbeitet die Sterne schön heraus.
Klarheit reduzieren verkleinert die Sterne, falls sie zu dominant sind. - Lichter/Weiß/Sättigung so einstellen, dass die Sterne gerade nicht ausfressen und vor allem ihre Farbe behalten.
- Die Milchstraße maskiere ich und lasse sie „leuchten“ mit Lichter/Tiefen/Klarheit.
- Der Vordergrund (falls nicht separat aufgenommen) ist eine besondere Herausforderung. Die Zeitersparnis vor Ort kostet viel Arbeit am Rechner, um Rauschen, Artefakte und Effekte wie vorbeikommende Autos oder Fußgänger mit Lampe zu entfernen.
- In Lightroom bearbeite ich Vordergrund und Milchstraße separat, schaue grob, dass sich eine passende Komposition ergibt.
- Dann öffne ich beide Bilder als Ebenen in Photoshop, den Vordergrund als obere Ebene.
- Im Vordergrund maskiere ich alles, was erhalten bleiben soll. Das ist meist viel Arbeit, für feine Details nutze ich als Wunderwaffe Auswahl Farbbereich.
- Die Milchstraßen-Ebene wird passend verschoben, evtl. auch in der Größe angepasst.
- In Lightroom justiere ich anschließend Farbtemperatur und Helligkeit von Vordergrund und Milchstraße. Im fertigen Bild fällt mir das leichter als getrennt in den Einzelbildern.
Und ich gelobe Besserung … und werde bei allen Aufnahmen den Vordergrund getrennt aufnehmen. Also auch bei denen, wo ich keinen anderen, sondern den Vordergrund der Aufnahme haben will.
Diese folgenden vier Beispiele zeigen mit Zwischenschritten, was dank Rauscharmut und 100 Megapixeln möglich ist, obwohl man mit dem GF 20-35/4 um 3-4 Blenden gegenüber einem lichtstarken Vollformat-Objektiv unterbelichten muss.
Die Andromeda-Galaxie ist natürlich Spielerei mit ungeeignetem Equipment: Blende 5,6 –> 2-3 Blenden unterbelichten trotz ISO 12.800; 200 mm Brennweite (umgerechnet nur 160 mm) –> zusätzlich noch einmal 2-3x croppen.
Milchstraße: Vordergrund 1: (real] Vordergrund 2: (kreativ ;-) Herausforderung: |
Milchstraße: Vordergrund: (nicht separat) Herausforderung: |
Milchstraße und Mond: Vordergrund: (nicht separat) Herausforderung:
|
Andromeda-Galaxie: Die Belichtung ist viel zu lang, nach NPF-Formel darf max 2 sec belichten, um keine Striche zu haben. Herausforderung: |
Fazit:
- Mit GFX und dem GF 20-35/4 klappen Aufnahmen der Milchstraße und auch Sternspuren sehr gut – durchaus vergleichbar mit einer f/1.4-Optik beim Vollformat.
- Das meiste holt man raus
– mit Geduld vor Ort: sauberer Bildaufbau, Vordergrund separat aufnehmen, viele Frames 👍
– und Spucke zuhause: KI-Entrauschen, Stacking, Bildbearbeitung 😂.
- Die Fortschritte in Kameratechnik, Aufnahmetechnik und Nachbearbeitung sind beeindruckend, siehe rechts.
- Die 7 Regeln aus dem dpreview-Forum bringen auf den Punkt, was man braucht:
1. Man muss es wirklich wollen
2. Ausdauer
3. Lernfähigkeit und Lernwillen
4. gute Ratgeber
5. … merken, welche wirklich gut sind 🤣
6. große Geduld und
7. … auch etwas Frustrationstoleranz.