Vorbereitung:
Der Grand Canyon ist Wildnis … jedes Jahr kann man von Todesfällen lesen. Als wir von zuhause losfuhren, war bereits von 4 Toten durch Absturz zu lesen … und unser Shuttle-Fahrer ergänzte „plus the 12 fatalities because of exhaustion, from a total of 250 rescue operations for hikers“. Die Warnungen, die man überall lesen kann, haben wir ernst genommen, und uns deshalb gut vorbereitet. Unser Fahrer sagte „… but never a German among these fatalities, they know the rules and adhere to the rules“. Oder wie auf vielen Tafeln am Grand Canyon zu lesen ist: der typische Tote ist männlich, sportlich-fit, 35 Jahre alt, alleine unterwegs. ;-(
Wir sind alle vier fit (Langstreckenläufer, Triathlon, Turnen), insbesondere unsere Kids sind äußerst sportlich und ausdauernd. Aber wir sind keine Wanderer, haben noch nie eine Mehrtageswanderung gemacht. Die Generalprobe (günstige Rucksäcke für die Kids und Karin, ein geliehener für mich) war Pfingsten: 3 Tage Eifelsteig, Gewicht im Rucksack in etwa so wie im Grand Canyon, ca. 400-800 Höhenmeter pro Tag. Die wichtigsten Erkenntnisse:
– Bei dem hohen Gewicht brauchen Karin und ich qualitativ bessere Rucksäcke (Passform!).
– Wir haben alle vier sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten.
– Gemeinsam Gehen ist daher eher lästig.
– Meine Spiegelreflex-Kamera über der Schulter ist eine Qual.
Also wurden noch anständige Rucksäcke gekauft. Und: bergab dürfen Luis und Karla voranstürmen; bergauf Luis vorneweg, einer bleibt hinten bei Karla; einmal pro Stunde warten wir aufeinander. Und das Camera Clip System von Peak Design musste her … ich will es nicht mehr missen.
Die Wander- und Campingausrüstung mussten wir fast komplett kaufen:
– Rucksäcke und Isomatten in guter Qualität.
– Seidenschlafsäcke
– Billiges, aber leichtes 3-Personenzelt (wir sind nicht so groß, und passten zu viert quer da rein)
– Kocher, Sporks, Kleinkram
Die Wanderung hatten wir ans Ende unserer Reise gelegt, damit der Jetlag auskuriert ist, und wir uns an die Höhe gewöhnt haben. Beides war wichtig – die Wanderungen am Anfang der Reise oder auf vergleichbarer Höhe (im Lassen National Park, im Great Basin National Park) haben uns zunächst ziemlich geschlaucht. Nach ca. einer Woche hatten wir uns aber an die Höhe gewöhnt.
Und schließlich die drei goldenen Regeln:
– Zwischen 10:00 und 16:00 Uhr nicht wandern! D.h. früh los gehen, gegen 5:00-6:00 Uhr.
– Pro Stunde und Person 1 Liter Wasser dabei haben.
– Alle 60 min ein Pause von 15-30 min, in der man vor allem etwas isst.
… wir fühlten uns gut gerüstet :-) .
29.7.: South Kaibab Trail
Heute ist Luis Geburtstag – und ein wichtiger für ihn: endlich Teenager ;-).
Ein kleiner Lemon Cake als Geburtstagskuchen, ein Mini-Lego als Geschenk, quasi als Gutschein für das große Lego. Wir schaffen tatsächlich, den 5:00-Uhr-Shuttle zum Yaki Point zu erwischen, um 6:15 Uhr gehen wir los.
Den South Kaibab Trail hatten wir statt des Bright Angel Trail gewählt:
- Man geht auf einem Bergkamm, nicht durch einen Seitencanyon. Also tolle Ausblicke :-)
- Kürzer (7.1 statt 9.8 mls), dafür 1460 statt 1360 Höhenmeter. Erschien uns bergab günstiger.
- Weniger Menschen ;-)
Der bedeckte Himmel ist eine Gnade … wir kommen gut voran, die Kids immer 5-10 min vorneweg ;-).
Nach 4 Stunden, mit zwei großen Pausen und vielen Fotostops (hierfür war das Wetter allerdings nicht ganz ideal, die Sonne sorgte nur ab und zu für schönes Licht) sind wir am Bright Angel Campground. Wir Erwachsenen sind doch geschafft, die Kids verschwinden im Creek. Wir Großen haben Muskelkater in den Waden und vorderen Oberschenkeln, die Kinder sind noch topfit … einer der Mitwanderer fragt uns später „do they ever run out of energy?“ …
Traumhafte Bilder vom Abstieg:
Aber dass wir hier kein „Disneyland“ haben, wird uns deutlich, als wir zwei Ranger bei einer Notfallhilfe sehen. Die Familie ist uns schon auf dem Trail aufgefallen, sie sind wohl schon um 5:00 Uhr gestartet, wir überholen sie unterwegs: Vater und Mutter recht „horizontally challenged“ und sehr langsam, Vater mit rieeesigem Rucksack, Mutter und 1 Kind haben einen Minirucksack, die beiden anderen Kinder tragen eine kleine Kühltasche. Jeder eine Flasche Wasser in der Hand, keinen Hut, keine Wanderschuhe. Der Vater ist im Campground zusammen gebrochen (Kreislauf? Überanstrengung?), er bekommt irgendeinen Saft verabreicht, muss Salzcracker essen, und die Ranger organisieren den Rücktransport am nächsten Morgen mit Mulis.
Die Mündung des Bright Angel Creeks in den Colorado River ist eine Oase … hier kann man es gut aushalten, es herrscht ein angenehme relaxte Atmosphäre.
Die Phantom Ranch ist sehr nett, freundliche Mitarbeiter, wirklich gutes Essen, eine angenehme „Kantinen-Atmosphäre“.
Zum Abendessen organisiere ich für Luis eine Geburtstagskerze. Als sie rein getragen wird, ertönt am Tisch hinter uns „Happy Birthday“ … es hatte tatsächlich noch jemand Geburtstag ;-)
Das Tagesprogramm hier unten: Junior Ranger, Spaziergang zum Colorado River, abhängen, sehr leckeres Stew Dinner, um 20:00 Uhr ist Schicht.
Erfrischung im Bright Angel Creek | Unsere Campsite | Wasser kochen, Trockenfutter aufreißen, Wasser rein, Zippverschluss zu … nach 7 min sind Rührei mit Schicken fertig ;-) | Phantom Range |
30.7.: North Kaibab Trail bis Cottonwood Campground
Um 4:15 Uhr klingelt der Wecker, es ist noch dunkel, aber wir haben die Early Shift in der Phantom Ranch gebucht. Nur knapp schaffen wir es, die Kids früh genug für das 5:00-Uhr-Frühstück aus den Federn zu kriegen.
Es ist wieder sehr lecker: Rührei, Speck, Pfannkuchen, Obst. Nette Leute in der Phantom Ranch.
Den Aufbruch schaffen wir erst um 7:15 Uhr. Alles zieht sich, weil wir so was wie Zeltabbauen und Rucksäcke-wieder-packen heute zum ersten Mal machen … alles muss zweimal ein- und wieder ausgepackt werden, bis es passt. Michael mault, die Kinder bocken, Karin hält alle bei Laune ;-)
Aber das Wetter meint es gut mit uns: bedeckt, nur 20-25°C.
Die ersten zwei Meilen des North Kaibab Trails geht man durch „die Box“, eine sehr enge Schlucht. Man kommt sich sehr sehr klein vor. Abwechslungsreich geht es mal rechts, mal links am Bright Angel Creek entlang. Man sieht deutlich, wie oft der Trail repariert werden muss – mal wegen Steinschlag, mal wegen Flash Floods.
Dann geht man eine Weile durch eine Art Ebene, mit Schilf, zum Teil sogar Sumpf, es ist richtig grün. Hier fließen einige Nebenflüsse zusammen, die das ganze Jahr Wasser führen.
Mittagspause an den Ribbon Falls:
Erfrischendes Nass | Petroglyphs … und … Lunch ;-) | |
In knapp drei Stunden sind wir an den Ribbon Falls, eine Oase in der Wüste. Der Zugang von Süden geht zweimal durch einen Bach – bei der Querung des Bright Angel Creeks sollte man besser die Schuhe ausziehen.
Hier treffen wir auch wieder die Pfadfindergruppe (11 Leute), die seit dem Yaki Point bis zum North Rim exakt die gleiche Route wie wir haben. Drei Stunden relaxen, baden, abkühlen, klettern. Die Fälle führen erstaunlich viel Wasser, die Lage in dem engen Tal ist atemberaubend schön! Zum Mittagessen gibt es leckere 8-Minuten-Nudeln-mit Käse, zubereitet mit unserem 68g schweren Kocher ;-) Bis zum Cottonwood Campground sind es anschließend noch 45 Minuten. Der Rückweg geht über die Ribbon Falls Bridge, also ohne nasse Füsse. Noch ca. 1.5 mls geht es leicht bergan. |
Cottonwood Campground:
Der Campground ist eine Perle ist. Wir finden eine wunderschöne Site unter Bäumen, Schatten.
Alle sind entspannt und friedlich. Dann eine Stunde Abenteuer: zwei Grand Canyon Pink Rattlesnakes bei der Paarung! Karla ist stolz: sie hat alle 3 Tierarten gesehen, die es nur hier am und im Grand Canyon gibt, das North Kaibab Squirrel, den South Rim Elk und die Pink Rattlesnake, die nur im Innern des Canyon vorkommt.
Karla macht einen Junior Ranger Survey, alle werden interviewt: Auf dem Cottonwood Campground sind 36 Leute, die folgende Strecken wandern: 22 Süd-Nord (alle mit 2 Übernachtungen, wegen der 11 Pfadfinder eher untypisch viele), 8 Nord-Süd (2-3x übernachten), 4 Nord-Süd-Nord (mit 3x übernachten) und 2 Nord-Cottonwood-Nord (1 Übernachtung). Der Campground ist voll.
Wir kochen auf unserem Minikocher, das Trockenfutter schmeckt echt okay. Bei Mountain House gibt es jede Menge Gerichte, die man durch Eingießen von heißen Wasser zubereitet, manche sogar ganz lecker, u.a. Rührei mit Gemüse, Nudeln mit Käse, Hühnchen mit Gemüse und Kartoffelbrei.
Gegen 20:00 Uhr wird es schon dunkel, wir sind müde …
… über uns die Lichter der North Rim Lodge, zum Greifen nahe.
Cottonwood Campground | Alle sind entspannt … | Grand Canyon Pink Rattlesnake |
D4431.7.: North Kaibab Trail, „Hiking Out“
Blick zurück zum Südrand | Dort oben ist der Nordrand | Geologie |
„Hiking Out“ oder kurz „Out“ ist auf den Permits die Bezeichung der letzten „Übernachtung“. Auf unserem Permit stand also etwas kryptisch „BCG-CCG-OUT“.
Um 4:30 Uhr klingelt der Wecker, Kaffee und Rühreier gelingen auch im Dunkeln, das Packen klappt schon besser und wir brechen um 6:15 Uhr auf.
Der anstrengendste Teil liegt vor uns, zwar nur 6.8 mls, aber dafür 1280 Höhenmeter! Der Weg ist dafür wunderschön. Im Roaring Springs Canyon geht es zum Teil links 300 m senkrecht hoch, rechts mehrere 100 m senkrecht runter. Atemberaubende Ausblicke, die sich in Fotos (siehe rechts) nur unvollkommen einfangen lassen. Wir finden einen Rhythmus aus 1 Stunde Gehen, 30 Minuten Pause, Gehen …
Ab 10:00 Uhr kommt die Sonne raus, es wird heiß … wie war die erste goldene Regel?! Luis will sich dran halten, und bis 16:00 Uhr am Supai Tunnel Rast machen. (Nicht weil er k.o. ist, er ist von uns allen der fitteste – aber die Regel ist ihm wichtig!).
Aber – abgesehen davon, dass wir keine Lust haben, uns 6-7 Stunden irgendwo hinzusetzen – uns ist das Essen ausgegangen, wir haben Hunger. Die vierte goldene Regel haben wir nicht genügend beachtet: „man isst doppelt so viel wie normal“. Ein Wanderer am Supai-Tunnel sah, wie Luis auf seine Gummilakritztüte schaute, bot ihm ein paar an, ich fragte auch … und als er sah, wie wir zulangten, durften wir fast alles aufessen.
Aber von hier, vom Supai Tunnel, bis oben sind es nur noch 2 mls und 500 Höhenmeter … diese letzten 1:20 Stunden schaffen wir dann auch noch gut.
Wirklich anstrengend war es, vor allem mit dem Gepäck (M 12-14 kg, K 10-12, L 6-7 und Ka 4-5). Aber immer wieder Supereindrücke, Bilder und Aussichten. Hier auf dem North Kaibab Trail ist so wenig los, dass man (zwischen Colorado River und Supai Tunnel) auch stundenlang alleine geht.
Anschließend baut Luis als erstes sein Lego-Technik-Geschenk Teil 2 auf, das mittelgroße. Das ganz große Teil wartet zu Hause. Wir anderen drei duschen ausgiebig ;-)
Steil – das Gepäck ist schwer | Bei jeder Pause werden die T-Shirts nass gemacht | Erkennt es jemand wieder? … 2008 … :-) |
Der letzte Schritt, um 12:30 Uhr sind wir oben |
Fazit
Eine tolle Erfahrung und Stimmung, wir finden, dass wir erst jetzt – beim dritten Mal – den Grand Canyon richtig erlebt haben.
Ja, es war anstrengend. Aber „okay, so wie hartes Training“, wie Karla sagte.
Für uns waren die Höhepunkte:
- Die Ausblicke beim Abstieg über den South Kaibab Trail.
- Die Phantom Ranch (Essen, Freundlichkeit).
- Die Campgrounds und das Zelterlebnis, insbesondere im Cottonwood Camp.
- Die Ribbon Falls.
- Die Erschöpfung, das Ankommen am Tagesziel, wie klein man ist.
- Die Ruhe und Einsamkeit auf dem North Kaibab Trail.
- Dass wir vier uns gut vertragen haben :) .
In einem Punkt hat unsere Planung nicht geklappt: Ich hatte von der gleichen Streckenlänge der North-Rim-Etappen (2x 7mls) ohne nachzudenken abgeleitet, dass auch die Höhenmeter gleich verteilt sind. Der Aufstieg zum North Rim ist aber zwischen Cottonwood („halbe Höhe“ dachte ich) und Rim genauso schwer wie der Aufstieg von der Phantom Ranch (ganz unten) hoch zum South Rim. Denn diese letzte North-Rim-Etappe hat mit 1280 Höhenmetern nur unwesentlich weniger als der Bright Angel Trail, der zum Südrand 1360 m ansteigt. So wurde es eine harte letzte Etappe …
Dafür haben wir ein enormes Glück mit dem Wetter: es ist meist bedeckt, unten „nur“ 30-35°C, wir müssen nur ab und zu in der Sonne laufen. Der einzige „Nachteil“: am Tagesziel ist immer noch jede Menge Wasser übrig, wir haben mit 1 Liter pro Stunde pro Erwachsenem kalkuliert (das sind 4+4+3+2=13kg), aber nur ungefähr Dreiviertel gebraucht. Also zu viel Schlepperei im Nachhinein … besser als umgekehrt aber!
Was hätten wir besser machen können: mehr Essen mitnehmen, Zelt abbauen und einpacken üben ;-)
Gekostet hat das Ganze ca. 1200$ für uns vier (Shuttle 360, Hotel am Südrand 200, Essen am Südrand 150, Essen in der Phantom Ranch 200, Trockenfutter und Souvenirs 150, Dinner in der North Rim Lodge 150). Zusätzlich haben wir uns vorher mit neuen Rucksäcken, Isomatten und einem leichten Zelt eingedeckt, ca. 900€.