Eine Traumreise als Geschenk zu Michaels 50. Geburtstag: mit dem Postschiff von Bergen bis Kirkenes.
Wir mussten dies einige Monate im Voraus planen – zum einen, um die Kinder unterzubringen – zum anderen, um die 8 Tage exakt in die schulfreien Osterferien einzupassen.
Als Schiff kam nur eines der größeren, neuen in Frage – Karin bestand auf Stabilisationsrudern und wenigsten ein bisschen Sicherheit vor wellenbedingter Schaukelei. (Wenn sie allerdings gewusst hätte, was ein Sturm auch mit so großen Schiffen macht … siehe links die Bilder der Kong Harald, nur 3 Wochen vor unserer Reise!)
Wir buchten auf der MS Trollfjord, dem (damals) größten und neuesten Schiff der Hurtigrute. Die Tagesstationen waren: ein Tag zu Beginn in Bergen, dann 5 Schiffstage mit Tagesaufenthalten in Ålesund, Trondheim, Bodø, Tromsø und am Nordkapp, Rückflug von Kirkenes.
Fazit: die erhoffte Traumreise, 6 Tage wundervoller Eindrücke und Entspannung :-).
Ein Universum von Möglichkeiten, Techniken, Motiven, Wissen fing an, mir zu dämmern, der Kopf schwirrte: Graufilter, Grauverlaufsfilter, Histogramm, Tiefenschärfe, Belichtung, Verwischen von Wolken, Glätten von Wasser, Wellen, Dynamikeffekte …
… mir schwirrt noch Wochen nach dem Workshop der Kopf, vieles habe ich technisch verstanden, nur einen Teil fotografisch begriffen, noch weniger habe ich verinnerlicht oder beherrsche ich nach diesem ersten Workshop. Also noch ein Workshop …
Die Equipment-Frage ist einfach zu beantworten: Stativ, Grau- und Grauverlaufsfilter, Fernauslöser.
Schon schwieriger, diese richtig einzusetzen, zu entscheiden, welche Belichtungszeit man braucht …
… und dann das schwierigste: Motiv und Bildaufbau!
Warum überhaupt Langzeitbelichtung? Einige Beispiele:
Bildqualität: mit ISO 100 werden die Bilder nun einmal besser als mit hohen ISO-Werten. Also geht die Zeit rauf.
Dies gilt natürlich insbesondere in der Dämmerung oder nachts.
Tiefenschärfe: kleine Blende -> mehr Zeit. Dann kann auch tagsüber die Belichtung mehrere Sekunden erfordern.
Hohe Kontrastunterschiede erfordern den Einsatz von Grauverlaufsfiltern, was wiederum die Belichtungszeit erhöht.
Wenn man Wasser, Wolken, Wellen verwischen oder glätten möchte, landet man schnell im Minutenbereich. Graufilter bis 10 Blenden werden erforderlich. In diesem Zeitbereich von mehreren Minuten kommt zusätzlich als weiterer Effekt dazu, dass man „auf einmal“ Farben aufnimmt, die bei kurzen Belichtungszeiten nicht oder kaum sichtbar sind. Zum Teil surreale Bilder entstehen.
Hier ein paar Bilder die ganz gut gelungen sind:
(Weitere werden folgen … nach dem nächsten Urlaub, wo ich viel üben werde ;-)
Reine
Tiefenschärfe durch f/16, darum 0,4s.
ND-0,6-Verlaufsfilter.
Wellen, dynamisch bei 1/15s, f/16.
Wichtig und schwierig ist, den richtigen Moment so abzupassen, dass das Wasser auch fließend aussieht.
Wellen, bei 30s, f/10 sind nebelartig verwischt. Man beachte den Unterschied in der Wellenhöhe bei den beiden Bildern.
221s, 10x Graufilter, ND-0,9-Verlaufsfilter. Das Wasser ist glatt, die Wolken verwischt, Rottöne im Himmel sichtbar.
(oder auch Nordlicht, Aurora) entsteht, wenn der Sonnenwind (elektrisch geladene Teilchen) in der Nähe der Pole die Magnetschicht der Erde durchdringt und dabei in 100-200 km Höhe auf Sauerstoff- oder Stickstoffatome trifft.
Am häufigsten ist grünes Polarlicht (der Sonnenwind trifft auf Sauerstoffatome in ca. 100 km Höhe – rechts ein ganz zartes Exemplar, dafür mit mir als Blickfang ;-), recht selten ist rotes Polarlicht (Sauerstoffatome in ca. 200 km Höhe, siehe links das Bild von Frank Olsen, Tromsø) und äußerst selten violettes/blaues Polarlicht (Stickstoffatome, benötigen sehr hohe Energie). Bei uns in Deutschland sieht man, wenn überhaupt, also sehr selten, das rote Polarlicht, weil für die Sichtbarkeit in unseren Breiten hohe Energien und Höhen erforderlich sind.
Ursache für den Sonnenwind ist die Sonnenfleckenaktivität, die einen 11-Jahre-Zyklus durchläuft. 2012/13 war „Solarmax“, in dem Jahr kann man in Deutschland ca. 10-20x ein Nordlicht sehen. Im Gegensatz zu nördlich des Polarkreises, wo momentan fast täglich Erscheinungen sind …
…. aber, vorausgesetzt: es ist dunkel (Nacht, möglichst ohne Mond) und das Polarlicht in 100-200 km wird nicht von Wolken verdeckt. Also leider, je nach Wetter, doch nicht jeden Tag zu sehen.
Wie fotografiert man nun Nordlichter!?
Die Standardanleitung für Polarlichtfotos (siehe z.B. bei JuzaPhoto oder Bernd Margotte) lautet, in Kurzform:
Einstellungen: Manuell scharf stellen, ISO hoch, Zeit 1-8 sec, Offenblende
… und falls nötig, mit Bildbearbeitung aufhellen …
Aber die Praxis ist leider deutlich komplizierter:
Polarlichter haben äußerst unterschiedliche Intensität – von mit bloßem Auge kaum sichtbar (aber per Langzeitbelichtung eindrucksvoll aufzunehmen) bis zu hellem Leuchten.
Die Formen reichen von flächenhaft über Bögen hin zu Wolken-, Pilz-, Blitz-, Schleierformen.
Und schließlich von stationär über langsam bis zu wogenden Schleiern.
All dies hat – natürlich – Auswirkungen auf die Belichtung, hauptsächlich Zeit und ISO-Wert, aber auch den Weißabgleich. Die erforderlichen bzw. sinnvollen Einstellungen gehen von ISO 100 und 1-2 sec bis zu ISO 3200 und 25 sec. Wobei natürlich zusätzlich eine Rolle spielt, wie viel (bzw. wenig) der Sensor der Kamera rauscht! Und für die Bildqualität ist Unterbelichten und per Bildverarbeitung Korrigieren nicht hilfreich – also empfiehlt es sich, direkt bei der Aufnahme bereits richtig zu belichten..
Wir nahmen auf mit Lichtwerten von -2 bis -6, immerhin 4 Blenden Unterschied. LW -6 ist so dunkel, dass man ohne Taschenlampe nichts sieht, LW -2 ist fast schon Dämmerung. Hier ein paar Beispiele:
LW -6 25s, f/3.2, ISO 3200 Stockdunkel, Nordlicht mit bloßem Auge kaum erkennbar, erst nach der Belichtung.
LW -5
25s, f/2.8, ISO 1600 Dunkel, Nordlicht ist zu sehen, aber in seiner vollen Ausprägung erst nach der Belichtung.
LW -4
30s, f/7.1, ISO 3200 Dämmerig, Nordlicht gut zu sehen, im Kamerabild aber detailreicher und „klarer“.
LW -2 8s, f5.0, ISO 1600 Hell, Nordlicht „springt“ einen förmlich an. Kamerabild und Realität sind nahezu gleich.
Die idealen Brennweiten sind 14/16mm am Vollformat, 10/11mm bei APS-C, möglichst mit Anfangsblende 2.8.
Die Teilnehmer auf unserer Reise hatten das 16-35/2.8L für Canon, das Samyang 14/2.8 für Canon/Nikon, das Tokina 11-16/2.8 für APS-C. Alle geeignet und gut.
Belichtung und Fokus manuell einstellen. Und zwar auf Basis des Histogramms so, dass drei Lichtwerte gefüllt sind.
In RAW fotografieren, aber trotzdem mit manuellem Weißabgleich. Wir haben als Startwert 3200K gewählt und dann so justiert, dass die Farben auf dem Display natürlich aussehen. Man kann den Weißabgleich bei RAW zwar auch nachher ändern, aber das Histogramm wird mit dem jpg-Bild berechnet, also mit dem Vor-Ort-Weißabgleich. Und mit verfälschtem Histogramm … siehe oben, kann man die Belichtung nur schlecht einstellen.
Der wichtigste Punkt aber ist: Üben, Üben, Üben. Zum Beispiel:
Manueller Fokus … den kann man vergessen, falsch einstellen, aus Versehen verstellen … oder Denken, dass das ∞-Symbol auf der Skala auch auf „unendlich“ scharf stellt (was – wie ich jetzt weiß – bei keinem Objektiv so ist ;-)
Aber es prägt sich schnell ein, wenn man durch solche Fehler ein- oder zweimal die Aufnahmen der letzten Stunde wegwerfen muss :-(.
Der Kameragurt hängt runter und flattert im Wind …
… auch so kann man einige Bilder erfolgreich verwackeln … oops.
Natürlich, wie immer bei manuellem Betrieb … man vergisst, die nicht so naheliegenden Werte wie ISO oder Weißabgleich einzustellen …
… und hat dann nach 20 sec Belichtung dank komplett unsinniger Werte nur Schrott produziert.
Der Bildausschnitt war speziell für mich ein Dauerthema: Horizont, Bildelemente angeschnitten oder fehlen, Bildaufteilung, Elemente überlappen sich ungünstig … ich glaube, hier werde ich noch Jahre brauchen bis das – wenn überhaupt – sitzt.
Mein persönlicher Aha-Effekt: das Histogramm!
Nach einem Tag hatte ich es begriffen, und ab dann war der technische Teil (Belichtung) geschafft … in den nächsten Workshops kann ich mich also auf die Bildaufteilung konzentrieren ;-)
Schon lange bewundere ich bei PhotoTours4U die fantastischen Bilder. Im Mai 2012 besuchte ich spontan deren Workshop Köln bei Nacht: supernette Leute, kompetent, vermitteln sowohl Freude am Fotografieren als auch Technik und Bildaufbau. Und es wurde viel erzählt von den „großen“ Workshops.
Nordlichter, Langzeitbelichtungen, Norwegen … die für Februar 2013 angebotene Polarlicht Fotoreise war verlockend (aktuelle Termine siehe hier), der Termin passte gut … also buchte ich.
Die Lofoten hatte ich 2008 auf der Hurtigrutenfahrt hauptsächlich bei Nacht gesehen, das wenige war aber so schön, dass ich diese Inseln gerne wiedersehen wollte. Dann entdeckte ich, dass genau in der Woche die MS Lofoten, das älteste noch fahrende Postschiff, die Strecke Svolvaer-Harstad fährt. So entstand folgende erlebnisreiche Woche:
– Anreise und ein Tag Workshop.
– Eine Nacht und Tag Hurtigrutenfahrt.
– dann noch 5 Tage Workshop.
Fazit: wunderschön, extrem viel gelernt, fette „Foto-Beute“, nette Leute … und anschließend drei Tage Ausruhen wegen der vielen Nordlicht-Nachtschichten ;-)